Set Collection, Tile Placement bzw. Legespiel, Hand Management, Drafting, Area Majority, Push your luck usw. – den Brettspielneulingen unter euch mögen diese Begriffe noch gänzlich neu sein, aber lasst euch gesagt sein, spätestens bei der ersten etwas ausführlicheren Recherche zu einem Spiel werdet ihr auf Begriffe wie diese stoßen! Denn allen, die schon etwas länger den Brettspielen verfallen sind, bieten diese eine wunderbare Orientierung auf dem schier unüberblickbaren Brettspielmarkt. Die Rede ist von Spielmechaniken. Insgesamt 192 Spielmechaniken kennt BoardGameGeek und während sich vermutlich jeder unter Memory etwas vorstellen kann, wird es bei Push your luck schon schwieriger und ganz ehrlich, selbst eingefleischte Brettspielfans können sich nicht unbedingt etwas unter Delayed Purchase vorstellen, obwohl sicherlich die allermeisten von euch Spiele dieser Kategorie kennen: Dominion, Die Quacksalber von Quedlinburg – um nur zwei zu nennen. Oftmals verbergen sich hinter vermeintlich schwierigen Begrifflichkeiten ganz einfache Mechaniken. In diesem Fall: Gekaufte Karten bzw. Gegenstände kommen nicht sofort ins Spiel, sondern erst später im Spielverlauf. Damit solche Kategorien für euch, egal ob Brettspieleinsteiger*in oder -profi, in Zukunft keine grauen, unbelebten Begrifflichkeiten mehr sind, stellen wir euch hier auf unserem Blog einige der wichtigsten Mechaniken vor. Heute im Fokus: Worker Placement!
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die allermeisten von euch schon mal ein Worker Placement Spiel gespielt haben, denn es ist eine der häufigsten Spielmechaniken. BoardGameGeek kennt immerhin knapp 3.700 Spiele dieser Kategorie – 2021 waren es noch rund 1.000 weniger. Das heißt aber nicht, dass alle gleich funktionieren. Im Gegenteil – Worker Placement ist eine Mechanik, die sich wunderbar mit anderen Mechanismen kombinieren lässt. Aber alles der Reihe nach. Worker Placement, zu Deutsch Arbeiterplatzierung, werden Spiele genannt, bei denen ihr eine begrenzte Anzahl an Aktionen pro Zug habt, die meist über Arbeiter angezeigt werden. Im Prinzip ist das auch schon alles, was sich allgemeingütig für alle Spiele dieser Kategorie sagen lässt. Aber Worker Placement ist noch so viel mehr! Es ist eine Mechanik, die sich vielseitig variieren lässt und sich so für die unterschiedlichsten Themen und Spielarten eignet. Ein großer Unterschied bei Worker Placement Spielen ist z.B., dass euch bei einigen Titeln bereits zu Spielbeginn alle Arbeiter zur Verfügung stehen, während ihr bei anderen Spielen nur eine kleine Anzahl an Startarbeitern habt und im Spielverlauf weitere dazugewinnen könnt.
Bei dem Expertenspiel Underwater Cities habt ihr beispielsweise von Anfang bis Ende immer drei Arbeiter. Diese könnt ihr alle in jeder der zehn Runden nutzen, um eure Unterwasserstadt aufzubauen, indem ihr die nötigen Ressourcen sammelt und punktebringende Aktionen ausführt. Das Platzieren eures Arbeiters wird hierbei kombiniert mit dem Ausspielen einer Handkarte. Passt diese farblich zum Standort des Arbeiters, könnt ihr gleich mehrere Aktionen ausführen: die, die auf dem Feld angegeben ist, das der Arbeiter besetzt und jene, die auf der Handkarte angegeben ist. Passt die Handkarte farblich jedoch nicht zur Position des Arbeiters, könnt ihr die auf dem Feld aufgedruckte Aktion trotzdem nutzen, aber eben nicht die Aktion der Karte.

Wie bereits erwähnt gibt es neben Spielen, bei denen ihr von Anfang an eine feste Anzahl an Arbeitern habt, auch Titel, bei denen ihr im Laufe des Spiels neue Arbeiter anheuert bzw. dazubekommt. So zum Beispiel bei Everdell. Hier erhaltet ihr automatisch neue Arbeiter, sobald ihr die Jahreszeit wechselt. Das passiert in jedem Spiel drei Mal, aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten, denn eine der Herausforderungen Everdell ist es, einen klugen Zeitpunkt auszusuchen, um eure kleine Stadt in die nächste Jahreszeit zu führen. Eure Arbeiter werden hier, passend zum Spielthema – ihr baut im beschaulichen Tal von Everdell eine neue Stadt mit tierischen Bewohnenden auf – als niedliche Holzfiguren dargestellt. Im Grundspiel verkörpert ihr Igel, Mäuse, Eichhörnchen oder Schildkröten. In der Everdell-Welt sind inzwischen aber auch zahlreiche Erweiterungen erschienen, die neben neuen Regeln auch neue tierische Arbeiter mit sich bringen, z.B. Schnabeltiere, Kröten, Maulwürfe, Katzen, Schmetterline.
Während für viele Worker Placement Spiele grundsätzlich das Konzept „je mehr Arbeiter desto besser“ gilt, gibt es auch Beispiele, bei denen sich das so einfach nicht sagen lässt. Bei einigen Worker Placement Spielen müsst ihr eure Arbeiter nämlich bezahlen. Oft nennt sich das „Arbeiter ernähren“. Könnt ihr das nicht, folgt in aller Regel eine eher suboptimale Konsequenz. Deswegen müsst ihr immer gut kalkulieren, ob sich zusätzliche Arbeiter lohnen oder ob sie euch gegebenenfalls mehr schaden als nützen. Ein Spiel, in dem ihr eure Arbeiter entlohnen müsst, ist zum Beispiel das Expertenspiel Carnegie. In den Fußstapfen von Andrew Carnegie müsst ihr in dem Managementspiel, erfolgreiche Unternehmen aufzubauen, dürft aber dabei auch das Gemeinwohl nicht außer Acht lassen. Und das bedeutet auch, wenn ihr eure Arbeiter am Ende einer Runde nicht bezahlen könnt, bleiben diese inaktiv und können in der nächsten Runde nicht genutzt werden.

Ganz besondere Arbeiter habt ihr auch bei unserem kooperativen Echtzeitspiel Kitchen Rush. Das Worker Placement Grundprinzip bleibt erhalten, denn ihr setzt eure beiden Arbeiter ein, um Aktionen auszuführen. Aber darüber hinaus ist Kitchen Rush alles andere als klassisch: Eure Arbeiter sind Sanduhren, die für eine Aktion immer so lange brauchen, bis der Sand vollständig durchgelaufen ist und außerdem spielt ihr alle gleichzeitig. Das heißt, es gibt keine festen Runden, in denen ihr eure Arbeiter nacheinander einsetzt, sondern ihr habt pro Szenario eine feste Spielzeit, in der ihr bestimmte Ziele erreichen müsst, zum Beispiel eine bestimmte Anzahl an Gästen bedienen oder einen bestimmten Geldbetrag erwirtschaften. Dazu setzt ihr eure Arbeiter ein, um Gäste zu empfangen, ihre Bestellungen aufzunehmen, Zutaten aus der Vorratskammer zu nehmen, zu spülen, einzukaufen, zu kochen und vieles mehr! Doch wie im echten Leben dauern bestimmte Tätigkeiten eine gewisse Zeit. Und die wird bei Kitchen Rush durch den rinnenden Sand in den Sanduhren dargestellt. Solange der Sand nicht vollständig durchgelaufen ist, ist der Arbeiter an diese bestimmte Aktion gebunden. Erst danach darf er umgestellt und an anderer Stelle eingesetzt werden.
Schließlich gibt es neben den Worker Placement Spielen auch noch sogenannte Worker Movement Spiele. Während ihr eure Arbeiter bei den bisher genannten Spielen immer wieder zurücknehmt, um sie später neu einzusetzen, bleiben eure Arbeiter bei Worker Movement Spielen immer auf dem Spielplan und bewegen sich nach bestimmten Vorgaben darüber. Eines der bekanntesten Worker Movement Spiele ist Istanbul, das 2014 zum Kennerspiel des Jahres gewählt wurde. Eure Arbeiter werden hier durch einen Kaufmann und seine Gehilfen verkörpert, die sich durch das Istanbuler Basarviertel bewegen, um Waren zu erwerben, diese gewinnbringend wieder zu verkaufen, Vorteile und Boni frei zu spielen und schließlich Rubine zu erhalten. Vom Brunnen aus starten eure Figuren gemeinsam in das Spiel. Doch an jedem Ort, den der Kaufmann besucht, lässt er einen Gehilfen zurück, der dort für ihn die Geschäfte erledigt. Irgendwann sind alle Gehilfen verteilt und der Kaufmann muss diese nun zurückholen. Dazu kann er die Orte erneut besuchen, um den jeweiligen Gehilfen am Ende des Zuges mitzunehmen oder zum Brunnen zurückkehren und alle Gehilfen dorthin beordern. Doch das kostet einen wertvollen Zug, den eure Gegner*inneb möglicherweise viel effizienter nutzen können. Ihr müsst also den Weg eures Teams gut planen. Und da der Basar aus modularen Spielplanteilen besteht, befinden sich die Orte bei jedem Spiel an anderer Stelle. Übrigens könnt ihr auch bei Istanbul im Laufe des Spiels einen weiteren Gehilfen freispielen. Zu eurem Glück müsst ihr eure Arbeiter hier aber nicht jede Runde erneut bezahlen.

Natürlich gibt es neben den hier vorgestellten Titeln noch viele, viele weitere Spiele (ihr erinnert euch: knapp 3.700 Spiele bei BoardGameGeek!), die Worker Placement Mechaniken haben, oft in Kombination mit anderen Mechaniken, z.B. Set Collection. So z.B. Tokaido, bei dem ihr die alte japanische Handelsstraße entlangwandert. Es geht hier aber nicht nur darum, möglichst schnell voranzukommen, sondern auf dem Weg auch möglichst viel zu erleben, z.B. Tempel besuchen, Panoramen bestaunen usw. Aber wer schneller ist, erhält in den Gasthäusern auf dem Weg Vorteile. Tokaido vereint also einen Worker Movement Mechanismus mit Set Collection Elementen. Aber auch das Expertenspiel Men-Nefer bietet eine spannende Abwandlung der Worker Placement Mechanik. Ihr habt hier zwar klassische Worker, setzt diese aber nicht auf Aktionen ein, sondern auf einem zentralen Aktionsauswahlfeld. Dementsprechend gibt es, anders als bei vielen anderen Spielen, keine Begrenzung, wie viele Arbeiter eine Aktion ausführen können. Allerdings wird die Aktion immer teurer, je mehr Arbeiter dort stehen, egal ob es eure eigenen sind oder die anderer Spieler*innen.
Zum Schluss möchten wir noch einen Punkt aufgreifen, der immer wieder auftaucht: Häufig werden Worker Placement Spiele in einem Atemzug mit Eurogames genannt. Auch wenn sich tatsächlich in sehr vielen Eurogames Worker Placement Mechaniken finden, erwartet euch in der Welt der Worker Placement Spiele noch so viel mehr! So hat zum Beispiel auch unser kooperatives Abenteuerspiel Robinson Crusoe Worker Placement Mechanismen, die es sich definitiv lohnt zu entdecken! Solltet ihr euch an dieser Stelle fragen, was genau eigentlich Eurogames sind, das ist ein Thema für eine anderen Beitrag … ! 😊 An dieser Stelle wünschen wir euch erstmal viel Spaß beim Spielen – egal welches Spiel euer nächstes sein wird!