First Rat ist ein besonderes Spiel. Es hat nicht nur ein ungewöhnliches, noch nie dagewesenes Thema, knuffige Illustrationen von Dennis Lohausen und einen ungewöhnlichen Mechanismus (dazu später), sondern es ist auch eine Eigenentwicklung. Bei Eigenentwicklungen – im Unterschied zu Lokalisierungen – wird das Spiel von Grund auf von den Autor*innen und unserem Redaktionsteam entwickelt. Bei Lokalisierungen besteht dagegen bereits ein fertiges Spiel in einer anderen Sprache, das wir übersetzen und bei Bedarf redaktionell überarbeiten. Im Falle von First Rat bedeutet das, dass unser Redakteur Sebastian das Autorenteam Virginio Gigli und Gabriele Ausiello von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt begleitet hat.

First Rat ist im Kern ein Laufspiel, aber keines bei dem ihr würfelt und entsprechend viele Schritte vorzieht. Nein, ihr entscheidet selbst, wie weit ihr eure Ratte(n) auf dem Schrottplatz, der das Zuhause eurer Rattenfamilie ist, voran bewegt. Euer Ziel: zum Käsemond fliegen! Dafür müsst ihr Bauteile (böse Zungen würden es Schrott nennen) für die Rakete und Proviant für die Reise sammeln. Jedes Feld liefert dabei andere Ressourcen oder Vorteile. So könnt ihr z.B. Apfelreste sammeln, um damit Nachwuchsratten zu ernähren und diese dann ebenfalls auf die Reise schicken. Oder ihr findet Comics durch die ihr euch Wissen aneignet, z.B. wie ihr euch weiter bewegen oder mehr Ressourcen finden könnt. Um mehr Materialien zu finden, könnt ihr auch nach und nach den Schrottplatz erleuchten. Oder ihr begegnet dem Frosch, dem Hamster oder der Krähe und kauft bzw. stehlt ihnen wertvolle Booster.

Aber wie kommt man auf die Idee für solch ein Spiel? Wie lief die Entwicklung ab und woher kennen sich eigentlich die beiden Autoren? Wir haben Virginio, Gabriele und Sebastian befragt!

Virginio, Gabriele, lasst uns zurück zum Start gehen: Wie seid ihr auf die Idee zu First Rat gekommen? Hattet ihr erst den Mechanismus oder das Thema im Sinn?

„Auf jeden Fall den Bewegungsmechanismus! Er ist seit der ersten Version des Spiels fast unverändert. Anfangs hatten wir ein etwas anderes, weniger originelles Thema: Es ging um eine Karawane von vier Kamelen. Vier Kamele, das war dann auch der Arbeitstitel des Spiels. Rund sechs Monate bevor die Arbeit bei Pegasus Spiele daran begann, haben wir uns ein anderes Thema überlegt: Ratten, die sich durch ein altes Haus bewegen, um auf dem Dachboden eine Rakete zu bauen.“

Prototypenspielplan Schrottplatz

Prototypenspielplan Schrottplatz

Es gab also neben der Mechanik auch schon ein Thema als Pegasus Spiele auf First Rat aufmerksam wurde. Sebastian, ist das eigentlich immer so?

„Nein! Bei sehr vielen Spielen, ich würde mal schätzen 75 Prozent, steht erst einmal die Mechanik im Vordergrund. Klar schlagen Autor*innen auch ein Thema vor. Aber das überzeugt nicht immer so richtig. Zum Teil gibt es sogar Autor*innen, die kommen nur über die Mechanik, Stefan Feld etwa.“

Bleiben wir noch ein bisschen beim Anfang der Entwicklung, Sebastian. Seit wann genau hattest du das Spiel auf deinem Schreibtisch?

„Die Autoren haben mir den Prototypen 2019 auf der Messe SPIEL in Essen gezeigt. Mir haben auf Anhieb die Komposition und die Mechanik super gut gefallen. Und das habe ich auch bei uns im Haus so vertreten. Der Verlag hat dann gleich, nach nur einer Woche, eine Zusage gegeben – das ist eine absolut kurze Zeit.“

Und Virginio und Gabriele, wie lange habt ihr bis dahin schon an der Entwicklung gearbeitet?

„Oh, die Entwicklung hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Wir sind beide sehr pingelig und waren lange nicht 100% zufrieden mit den Detailabläufen. So wurde das Spiel von uns mehr als zwei Jahre lang ständig weiterentwickelt und modifiziert, von August 2017 bis zur Messe in Essen 2019.“

Wow, das ist eine lange Zeit – aber es hat sich gelohnt! 😉 Woher kennt ihr beide euch eigentlich?

„Wir leben beide in der Nähe von Rom und sind Freunde. Seit mehr als zehn Jahren sehen wir uns jede Woche und spielen und testen gemeinsam. Die Zusammenarbeit war daher auch sehr einfach und angenehm.“

Ok, dann lasst uns mal etwas in die Tiefe gehen. Sebastian, kannst du uns etwas mehr zu der Kombination aus Lauf- und Kennerspiel sagen? Das ist ja durchaus eine ungewöhnliche Verbindung!

„Genau. Ein Spiel, bei dem einfach nur die Figuren zu einem Ziel bewegt werden, das klingt nach Familienspiel und leicht altmodisch. Aber bei First Rat entfalten sich ganz schnell sehr viele Optionen und das ermöglicht zahlreiche Strategien. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ich kann gut darauf verzichten, alle vier Ratten an den Start zu bringen, dafür spiele ich dann auf die Sonderfähigkeiten.“

Herausgekommen ist jedenfalls ein kniffliges Kennerspiel, das aber dennoch eine relativ niedrige Einstiegshürde hat. Also eigentlich perfekt für alle, die viel spielen und Lust auf strategisches Planen haben, aber auch für alle, die sich langsam an gewichtigere Titel rantasten möchten. Wem würdet ihr euer Spiel empfehlen, Virginio und Gabriele?

„Virginio spielt am liebsten komplexe, Gabriele dagegen eher seichtere Spiele, die aber dennoch viele Möglichkeiten bieten und bei denen interessante und strategische Entscheidungen zu treffen sind. Unsere beiden Geschmäcker spiegeln sich auch in First Rat wider. Besonders wichtig war uns, dass es auch Neulinge und junge Leute abholt, die wir oft in unseren Spielerunden haben. Es sollte Spaß machen und verständlich sein und wir glauben, das haben wir geschafft. :)“

Prototypenspielplan Haus

Prototypenspielplan Haus

Sebastian, neben dem Austausch mit den Autoren steht bei Eigenentwicklungen auch die Zusammenarbeit mit dem Illustrator bzw. der Illustratorin im Vordergrund. Hier war das Dennis Lohausen, ein Illustrator, mit dem wir sehr oft und sehr gerne zusammenarbeiten. An welchem Punkt wurde er eingebunden und hat er auch an der thematischen Ausgestaltung mitgewirkt?

„Wir versuchen, den Illustrator schon recht früh einzubinden. Am besten bei einem persönlichen Treffen, bei dem wir mit ihm das Spiel durchspielen. In diesem Fall war Dennis bei uns in Friedberg, es hat ihm gleich Spaß gemacht – er hat aber auch sehr schnell einen Verbesserungsvorschlag eingebracht: Ursprünglich war die Story, wie Virginio und Gabriele oben schon erzählt haben, in einem Haus angesiedelt. Dennis hat uns erklärt, dass das in der Illustration wie eine Messie-Bude wirken würde. Er hatte dann die Idee mit dem Schrottplatz als Location und so wurde es schließlich auch umgesetzt.“

Zum Schluss die wichtigste Frage überhaupt: Sebastian, warum gehört Rattonauten die Zukunft?

„Der Mensch arbeitet noch an einem Mond-Programm. Die Ratten dagegen haben eine ganz klare Idee, was sie da wollen – und sie sind ja auch schon fast da! ;)“

Wenn ihr Lust habt, First Rat zu spielen, dann ab zum Spieleladen eures Vertrauens oder auf www.pegasus.de/spieleausleihe. Dort findet ihr die digitale Version auf Tabletopia mit der ihr kostenlos alleine oder mit bis zu fünf Personen spielen könnt.

Noch mehr Wissenswertes über First Rat findet ihr in einem Interview, das das Ringbote-Team mit Sebastian geführt hat.

 

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